Synagoge und jüdisches Bad Anfang 20. Jh.
Folgen wir der Brīvības iela (Freiheitsstraße) bis zum Ort, wo die Synagoge mit dem so genannten ,,jüdischen Badehaus” Mikve am Ufer der Tebber und die „Judenbrücke“ über die Tebber die Aufmerksamkeit der Spaziergänger auf sich lenken.
Obwohl in verschiedenen Schriften zu lesen ist, dass die erste Synagoge in Kurland 1708 in Hasenpoth gebaut wurde, wird die Quelle dieser Behauptung nirgends genannt. Auch uns ist es nicht gelungen, eine solche zu finden.
Synagoge kann ein Gebäude oder auch nur ein einzelner Raum sein, der als Zentrum des religiösen und gesellschaftlichen Lebens der Gemeinde dient. Auch ein einzelnes Zimmer, in dem die Thora – die ersten fünf heiligen Bücher des Alten Testaments – aufbewahrt wird, in dem sich mindestens 10 erwachsene Männer versammeln können, erfüllt diesen Anspruch. In diesem Sinne ist es denkbar, dass es schon vor 1708 eine Synagoge in Hasenpoth gegeben hat.
Das Grundstück - im Zentrum der Stadt, am Tebberufer - für den Bau der Synagoge mit dem rituellen Bad kaufte die Hasenpothsche jüdische Gemeinde erst 1752. Im Jahr 1755 hatte die Gemeinde den Kaufpreis voll bezahlt. Wann genau die Gebäude gebaut wurden, ist uns nicht bekannt und es fehlt auch an Information darüber. Im Stadtplan von 1797 sind drei Bauwerke dargestellt. In einem noch älteren Plan (gemeint ist die eingezeichnete Bebauung), wird das uns bekannte Badehaus als jüdisches Armenhaus bezeichnet. Das Gebäude diente damals sowohl als Bad als auch den Ansprüchen eines Armenhauses.
1802 nahm die jüdische Gemeinde bei Baron Fircks, dem Eigentümer des Gutes Rudbahren (Rudbarži), ein Darlehn in Höhe von 2.000 Florin auf und verpfändete dafür die Synagoge und das neue Badehaus.
Rechts neben dem weißen Gebäude der Synagoge sieht man auf der Postkarte das Gebetshaus – ,,Beit Midrasch“ (Beit Ha Midrash) (Althebräisch – Ausbildungsstätte), das auch kleine Synagoge genannt wird. Doch auf dem Lageplan von 1826, den der Hasenpothsche Landmesser Johann Heinrich Kramer gezeichnet hat, wird es als Wohnung des Rabbi bezeichnet. Wahrscheinlich waren beide unter einem Dach.
Die große Synagoge war am Sabbat und an religiösen Festtagen geöffnet, die kleine an anderen Tagen. Sie diente auch als Bildungsstätte, zur Vermittlung der religiösen Literatur - Talmud – Gesetzkodex des Judentums, mit Rechts- und Religionsnormen des Judaismus. Man braucht die Mikve, um die jüdischen Gesetze über die Reinheit der Familie befolgen zu können. Diese Gesetze sind dermaßen wichtig, dass die Gemeinde die Mikve zuerst, also vor der Synagoge, bauen soll.
Das Badehaus der Gemeinde wurde 1843 am Tebberufer unterhalb der Synagoge gebaut. Für diesen Zweck nahmen J. A. Stillbach und Benjamin Behr, die Bevollmächtigten des jüdischen Bestattungsvereins (Todtenzunft), beim Advokaten des Oberhofgerichts H. von Kramer ein Darlehn von 750 Rubel auf.
Da in Dokumenten, die von Christen geschrieben wurden, das Gebetshaus der Juden oft als Synagoge bezeichnet wird, fällt es manchmal schwer zu verstehen, von welchem der Gebäude im jeweiligen Dokument die Rede ist. Eindeutig hat die jüdische Gemeinde im Jahr 1846 eine massive Synagoge, ein hölzernes Gebetshaus und ein massives Badehaus gehabt.
Im April 1860 berichteten 3 Vorstandsmitglieder der Hasenpothschen jüdischen Gemeinde und 2 Verwalter der Synagoge dem Magistrat der Stadt, dass die Synagoge für die Gemeinde zu klein und auch baufällig sei, deshalb den Bedürfnissen der Gemeinde nicht mehr entspreche und sogar einzustürzen drohe. Aus dem Grund wird um Erlaubnis gebeten, eine neue Synagoge am gleichen Standort zu bauen.
Der Magistrat der Stadt berichtete der Verwaltung des kurländischen Gouvernements von diesem Wunsch der jüdischen Gemeinde und erklärte auch gleichzeitig, dass die Baukosten nach den Plänen des privaten Architekten Strauss 6.000 Rubel betragen und dass es in Hasenpoth 87 Juden gehörende bewohnte Häuser gebe.
Der Baubeginn verzögerte sich, weil die Gemeinde der Meinung war, dass die örtlichen Bauarbeiter und Handwerker zu teuer seien. Deshalb bat die Gemeinde den Zivilgouverneur, zu entscheiden, ob die jüdische Gemeinde Verträge mit den Handwerkern aus anderen Städten schließen dürfe. Das wurde im August 1861 auch erlaubt und so übernahmen Handwerker aus Friedrichstadt (Jaunjelgava) die Bauarbeiten für die Synagoge.
Im Januar 1866 schrieb die jüdische Gemeinde dem russischen Zaren Alexander und bat ihn, den Bau eines neuen Gebetshauses in Hasenpoth zu erlauben, weil das alte in einem so schlechten Zustand sei, dass es jeden Tag einzustürzen und viele Menschen zu töten drohe. Da das Gebetshaus dem Rabbi gleichzeitig auch als Wohnung gedient hat, sei die Gemeinde gezwungen gewesen, für ihn ein kleines separates Häuschen zu bauen. Das sei aus Spenden bezahlt worden.
Im Januar 1867 bat man um Erlaubnis, ein neues Badehaus zu bauen.
Im Februar 1867 wurde von dem Stadtarchitekten des kurländischen Gouvernements Otto Dietze der Entwurf für das neue Badehaus und im April auch der Plan des neuen Gebetshauses ausgearbeitet.
Der Bau des neuen Badehauses wurde Ende 1868 beendet. Informationen über den Bauverlauf am Gebetshaus fehlen.
Die neue Synagoge projektierte der Architekt Paul Max Bertschy (1840-1911) in den Jahren 1872 bis 1873. Danch wurde der örtliche jüdische Kaufmann Tambourer mit dem Bau beauftragt. Der hatte für die Arbeiten den niedrigsten Preis von 4.100 Rubel gefordert.
Am 31. Juli 1874 wurde Bertschys Plan geändert. Man erlaubte, zusätzlich den Frauenchor (extra Platz für Frauen und Kinder) einzurichten. Es wurde damit begründet, dass das ein notwendiges Requisit der Synagoge ist. Man erlaubte auch, im Kellergeschoss eine Wohnung für den Kantor einzurichten. Das hat zusätzlich 982 Rubel gekostet.
Doch schon 1885 folgte eine totale Sanierung der Synagoge und die kostete 6.399,48 Rubel. Das lässt vermuten, dass es dabei doch um das Gebetshaus ging. 1893 wurden laut Kostenaufstellungen des Gouvernements-Ingenieurs Sikow beide Gebäude und auch die Mikwe saniert. Das kostete 1.504,14 Rubel.
Was das rituelle Badehaus betrifft, so konnte es die jüdische Gemeinde im Frühjahr 1877 nicht unterhalten und man beschloss, es auf ein Jahr per Ausschreibung zu vermieten. Das Badehaus, ausgenommen den Backofen zum Brotbacken darin, übernahm für ein Jahr Itzig Asaroff. Im Mietvertrag wurden auch die Preise für einen Besuch im Badehaus festgelegt: für eine Braut – 1 Rubel; und wenn sie arm ist– 50 Kopeken; für eine Frau, die sich reinigt (Weihnerin) – 50 Kopeken; für weitere Frauen – 40 Kopeken für 1 Person, 50 Kopeken für 2 Personen und 20 Kopeken für 3 und mehr Personen.
Im Mai 1880 berichtete die Hasenpothsche Kommunalverwaltung dem kurländischen Gouverneur, dass es in ganz Hasenpoth kein Badehaus mehr gäbe. Von dem bisherigen Badehaus, das der jüdischen Gemeinde gehörte, aber auf einem Grundstück gebaut war, das der Stadt gehörte, sei nur noch eine Ruine im Wert von 1.000 Rubel übrig. Da auch die zahlreichen in Hasenpoth stationierten Militärpersonen ganz ohne Badehaus auskommen, oder es in umliegenden Gutshöfen suchen sollen, habe die Verwaltung vor, ein Badehaus zu bauen. Doch wurde dieser Plan nicht durchgeführt. ,,Das jüdische Badehaus” wurde saniert und es diente als Mikve und zugleich auch als öffentliches Badehaus. 1924 war es Bade- und Wohnhaus der Hasenpothschen jüdischen Gemeinde mit 4 Räumen als Bad und 1 Wohnraum. Es gehörte der jüdischen Gemeinde bis zur Nationalisierung 1940.
Am 30. August 1940 habe der Ältermann der Stadt Hasenpoth Girts Jansons berichtet, „dass es in Hasenpoth ein russisches Badehaus in der Synagogenstraße 1/3 gibt, das der Hasenpothschen jüdischen Gemeinde gehört. Das Badehaus kann gleichzeitig bis 40 Menschen je Stunde aufnehmen. Das bedeutet in 8 Stunden bis zu 300 Personen.”
Gegen Jahresende 1940 habe der Ältermann der Stadt Girts Jansons berichtet, dass es in Hasenpoth ein Badehaus der Hasenpothschen jüdischen Gemeinde in der Synagogenstraße 1 gibt, dessen Kapazität 100 Personen täglich sei. Sein Umsatz sei 500 Lat im Jahr 1939 und der Gewinn 150 Lat gewesen. Das Badehaus sollte man deshalb nationalisieren.
Leider ist auf dem Foto der Eingang zum Bad nicht zu sehen, da er sich im Dachgeschoß des Gebäudes befand und durch einen hölzernen Steg mit dem Fußweg verbunden war.