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Atmodas Straße 13

 

Atmodas Nr.13 in der ersten Hälfte der 1930er Jahre
Atmodas Straße 13 in der ersten Hälfte der 1930er Jahre
Atmodas Nr.13 im Jahr 2014
Atmodas Straße 13 im Jahr 2014

 

Beide Gebäude des Fotos stehen auf einem Grundstück und beide findet man in allen Dokumenten und Publikationen unter derselben Adresse, der heutigen Atmodas Nr.13. Deshalb sind die zugänglichen Quellen nicht immer eindeutig einem der beiden Häuser zuzuordnen. Man kann nicht sicher sein, ob, was und wann sich etwas in welchem der Häuser befand. Aber bis zum 20. Jh. beziehen sich alle Dokumente auf das eingeschossige Holzhaus. Erst Anfang des 20. Jh. wurde hier das gemauerte Haus aufgebaut. Höchstwahrscheinlich zur gleichen Zeit, wie auch Haus Atmodas Nr.11.

Ende des 18. Jh. wohnte darin der Hasenpothsche Gerichtsvogt, Ratsherr und Bürgermeister (1800-1803), Goldschmied Johann Carl Neumann (1750-1817). Nach Neumanns Tod kam das Grundstück im Jahr 1820 zur Versteigerung und Stadtsekretär (1806-1829) Georg Friedrich Johann Meyer erwarb es zum Preis von 3.000 Rubel. Er bewohnte dieses Haus aber schon zur Zeit der Seelenrevision 1811. Um seine Schulden beim Oberhofgerichts=Advocaten Gottlieb Mondelius, dem er 1820 sein gesamtes Eigentum für einen Kredit von 3.000 Silberrubel verpfändet hatte, zu begleichen, war er 1826 gezwungen, sein ganzes Eigentum - bewegliche Habe und Liegenschaft - an seine Frau Annette Meyer, die er als wohlhabende Witwe geheiratet hatte, für 4.000 Silberrubel zu verkaufen. Der Kaufvertrag vermittelt uns einen Eindruck von den Besitzverhältnissen. Der Stadtsekretär Meyer musste Wohnhaus, Herberge, Nebengebäude, Obst- und Gemüsegarten, die angrenzende Koppel und seine Remise mit Fahrzeugen: geschlossene „Brička“ (auszusprechen: Britschka. Veraltet für Kutsche), große offene „Brička“, „Rigascher Korbwagen“, kleiner Wagen, großer Lastenwagen, „kleiner Wasserwagen“, noch 2 zweirädrige Karren, 1 lackierter Schlitten, 1 grauer (ungestrichener?) Schlitten, 2 leichte, einsitzige Schlitten. Auch Stall, Keller und Klete musste er veräußern.

Im Wohnhaus befanden sich 1 großes, 1 kleines Zimmer, 1 Seitenraum und 2 Schlafräume, 2 Dielen zur Straße und zum Hof, Vorratsraum und Speisekammer.

1834 heiratete die zweifache Witwe 28-jährig den 35-jährigen Kandidaten der Theologie Franz Karl Strauß. Diesmal verwitwete der Kandidat der Theologie, Leiter der Privatschule und Archivar Strauß nach fünf Ehejahren. 1839 kaufte er das Grundstück seiner verstorbenen Frau mit allem, was dazu gehörte, einschließlich einer 4/5 Loftstellen großen Koppel von ihrem Erben Hermann Kolb, ihrem Sohn aus erster Ehe, für 1.100 Silberrubel.

1863 versicherte Strauß 2 Wohnhäuser und 2 Herbergen aus Holz für 5.000 Rubel.

Kurz vor seinem Tode verkaufte Strauß sein Eigentum (einschließlich 1836 gekaufter Pfandrechte am Grundstück Atmodas Nr.15) im Jahr 1879 für 7.000 Rubel dem Stadthaupt Hermann Adolphi.

Bevor wir uns vom Lehrer Strauß verabschieden, müssen wir unbedingt etwas mehr über ihn und besonders über seine Bibliothek erzählen.

Der 1798 in Riga geborene Strauß hatte Theologie in Dorpat studiert. 1826 gründete er in Hasenpoth eine private Lehranstalt mit Internat. Das Niveau des Unterrichts soll für die Zeit hoch gewesen sein. Das spätere Stadthaupt von Hasenpoth und Libau, Hermann Adolphi, der seinerzeit in Strauß` Haus wohnte, schrieb, dass der Livländer Franz Karl Strauß 1826 in Hasenpoth das erste private, klassische Gymnasium Kurlands gegründet habe. Von seiner Bildung zeuge auch die Tatsache, dass er eine der wohl größten privaten Bibliotheken in ganz Kurland sein Eigen nennen konnte. Adolphi erwähnt, dass Strauß` Bibliothek etwa 6.000 Bände umfasst habe. Der ehemalige Hasenpothsche Pastor Ernst Alexander Urban (1865-1907) und der Lehrer der Privatschule zweiter Klasse cand. hist. Georg Worms, der ein Inhaltsverzeichnis dieser Bibliothek zusammengestellt hatte, wiesen im Jahr 1904 darauf hin, daß die Stadt Hasenpoth eine etwa 4.000 Bände umfassende Bibliothek besitze. Da die Bibliothek des 1879 verstorbenen Archivars des Hasenpothschen Oberhofgerichts Franz Karl Strauß entsprechend seinem Testament (nach Angaben von Adolphi) in Adolphis Besitz gekommen war, ist es durchaus möglich, dass Adolphi einen Teil der Bibliothek für sich behalten hat.

1879 bestätigte der kurländische Gouverneur Hermann Adolphi als Hasenpothschen Bürgermeister. Am 17. September 1879 trat er sein Amt an und bekleidete es bis 1887 (das Sitzungsprotokoll des Stadtrates unterzeichnete er am 28. Januar 1887), bis zu dem Jahr, in dem er zum Bürgermeister von Libau ernannt wurde. Er verkaufte dann auch sein Hasenpothsches Eigentum. Die ihm anvertraute Bibliothek von Strauß (vielleicht nicht die ganze) brachte er ins Rathaus in der heutigen Atmodas Nr.19.

1920 übergab der damalige Stadtrat die Stadtbibliothek, die zu der Zeit nur noch aus 3.035 Bänden bestand, dem Bildungsministerium ohne jegliche Auflistung und kostenfrei. So wurde die ehemalige Privatbibliothek von Strauß Teil der lettischen Staatsbibliothek.

Was die weitere Verwaltung der Immobilie Atmodas Nr.13 betrifft, ist bekannt, dass Adolphi sie 1887 für 4.000 Rubel Wulf und Jette Benjaminson verkaufte. Wulf Benjaminson führte an dieser Adresse ein Geschäft für Schreibzeug, Zeichenzubehör und Galanterieartikel. In diesem Hause war auch die Vertretung der Petersburger Versicherungsgesellschaft.

Peter Bergmann führte hier in den 1890er Jahren den Marktkrug.

Wahrscheinlich war es Benjaminson, der neben dem eingeschossigen auch das zweistöckige Haus baute, denn am 11. Januar 1908, als Gutel Matz das Anwesen kaufte, hat sie dafür 11.000 Rubel bezahlt. 1921 schenkte sie dieses Grundstück ihrem Mann Joseph (Josel) Matz. Die Familie wohnte in dem einstöckigen Haus bis zum Herbst 1941. Joseph Matz betrieb in diesem Gebäude auch sein Geschäft für Uhren, Gold- und Silberschmuck.

In den 1920er Jahren sind in beiden Häusern allerlei Geschäfte gewesen: das schon erwähnte Uhrengeschäft von Matz, das Manufaktur- und Galanteriegeschäft von Ernests Rimma, das Apotheken-, Parfümerie- und Farbengeschäft von Hermann Joffe, die Fotowerkstatt von Johann Franz, das Lebensmittel-, Kurzwaren-, Blumen- und Obstgeschäft von Josephine Kauschen, sowie 5 Wohnungen.

Das Geschäft mit Blumen und Saatgut von Kauschen war hier auch in den 1930er Jahren, als unter dieser Adresse außerdem auch das Kosmetikgeschäft, Materialverkauf und Annahmestelle von Kleidung zur Verarbeitung von Minna und Bertha Joffe waren. Kurz danach waren hier Haim Joffes Material- und Kosmetikhandlung, Nima Joffes Drogerie, Abram Piels Hut- und Kurzwarenladen, die Manufaktur und Galanteriehandel der Brüder Trembe (Schulem und David), Ivan Ulanows Geschirrladen und der Verkauf von Schreibmaschinen, Strickmaschinen, Fahrrädern und Radios der AG ,,A. Lippert”. Joseph Matz hatte hier ein Geschäft, wie die folgende Werbung zeigt:

 

"Geschäft für Uhren, Silber und Goldschmuck
Joseph Matz
Hasenpoth, Große Straße 13, im eigenen Haus.

Taschenuhren, Ringe, Armbänder, Broschen u.a.
Brillen und weitere optische Geräte. Aktentaschen, Portemonnaies und Taschenmesser.
Schnelle, zuverlässige und günstige Reparatur von Uhren, Silber- und Goldschmuck.
Solide Arbeit                                                  mit Garantie."

 

Seit März 1934 war in dem kleineren der Häuser der gewerkschaftliche Schreibwaren- und Buchhandel des Hasenpothschen Kreises, der 1935 zur Buchhandlung des Schulkooperativs für Hasenpoth und Umgebung wurde. Seit dem 21. Dezember 1939 hieß sie "Hasenpothsche Buchhandlung der Gemeinschaft".

1940 verkaufte hier Ernests Rozentāls die Produkte der AG ,,V. Ķuze”, Obst, Fruchtsaft, Fruchtwasser und Konserven. Aber Scheine Joffe verkaufte hier Kosmetik- und Parfümerieartikel.

Heute sind beide Häuser Eigentum der Kommune. In den oberen Etagen sind Wohnungen. Im Erdgeschoss des ersten Gebäudes ist das Geschäft „Kamene” (Hummel), im zweiten Gebäude die Buchhandlung des Verlags "Zvaigzne" (Stern).

Die weiteren Gebäude sind Atmodas iela 15, 17 und 19.

 

 

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10:00 - 14:00 Samstags